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Mittwoch, 17. Mai 2006

bilder meiner ausstellung

nach meinem brockes-gedicht und einem regen privaten gedichte-austausch mit meinem lieblingsrezitierer - alles brockenschwer und für zeitgenössische schnelle leser unverständlich unverdaulich (vielleicht täusche ich mich ja auch?) - war die luft raus und vor allem die knappe zeit verbraucht, die mir noch blieb.
jetzt hab ich noch weniger davon.
seit einer halben woche beaufsichtige ich meine bilder. täglich von zehn bis zwölf und von zwei bis sieben. vergangenen sonntag gehängt: 22 große formate aus zwölf jahren alles zum einen thema geäste. zwei große einander gegenüberliegende wände einer kapelle, jede etwa 15 meter lang. es ist herrlich. hoher lichter freier raum mit nichts drin. keine säulen in der mitte, nichts. ein riesiges, begrenzt scheußliches fenster an der kopfseite. aber das ist ganz weit weg, hoch über einer durch vier stufen abgetrennten empore, und stört nicht die unten herrschende einheit.
da sitze ich bei den alten freunden und schaue sie an. lange nicht gesehen - vertraut wie eh und je. willkommen, geliebt. ich kann mich nicht satt sehen.

es ist eine seltsame situation und eine seltene zugleich. viele der aus drei ländern zusammengetragenen bilder habe ich seit jahren nicht mehr gesehen, geschweige denn genauer betrachtet. noch nie hab ich sie alle auf einmal in einem großen raum versammeln können - nur in kleinen gruppen; meistens kennen sie sich untereinander, entstammen derselben schaffensperiode. die meisten hatten in ausstellungen schon kontakt miteinander. viele wohnen seit langem woanders. jetzt sind alle verbliebenen zusammen gekommen, ein paar neue dazu. die vier neuen ragen heraus, unterscheiden sich deutlich in farbigkeit und stil: platanen im winter. kein blau mehr wie noch so dominant vor 11 jahren wintergeäste. die hängen genau gegenüber und bilden den absoluten kontrast. einmal also winter fast weiß fast kontrastlos, das andere mal dunkles blau bis fast schwarz, extrem kontrastreich.
natürlich kann man die einzelnen bilder locker einer periode zuordnen, die entwicklung über die jahre ist eindeutig: klarer, transparenter, einfacher, ruhiger.
was haben sie gemein? ich dachte bisher, es sei die bewegung, die thematisierung von licht und schatten, struktur, wechsel von figur und grund. alles richtig, aber das zugrundeliegende und überall hervortretende prinzip entdecke ich erst jetzt, während ich sie stundenlang vergleichen kann. es ist der gestus. bei aller unterschiedlichkeit handelt es sich immer um gestische malerei. bin begeistert. wenn mich jetzt jemand danach fragt, wie ich denn male, kann ich es endlich sagen: gestisch!

das geht natürlich nur bei der malerei. was die collagen betrifft, fehlt mir noch die bezeichnung. das gewicht spielt eine entscheidende rolle. sonst hätte ich mich ja nie aufs collagieren verlegt. sagen wir so: mein rücken wollte es so.
ich sollte den stil vielleicht in gramm pro quadratzentimeter ausdrücken: siebenundvierzigelf, nullachtfuffzehn, dreizunull.
es ist spät. morgen hab ich wieder schicht. dann kommen die besucher dran und das, was das leben sonst noch so parat hält in ausstellungszeiten, wie etwa den vorzüglichen bordeaux, der mir vorhin von den nachbarn serviert wurde. gute güte war der gut.

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